Am 21. und 22. November 2014 fand in Hamburg das 7. Norddeutsche Erbrechtsforum statt. Eine Vielzahl von interessanten Vorträgen zum Erbrecht sowie die Möglichkeit eines entspannten Austauschs mit über 100 Teilnehmer haben das Forum überaus gelingen lassen.
Haftung und Erbteilung
Zunächst wurde durch den Vorsitzenden Richter am LG Stuttgart, Walter Krug, die Haftung der Miterben vor und nach der Erbteilung ausführlich vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung in Literatur und Rechtsprechung dargestellt. Trotz vieler Detailfragen bleibt es bei dem Grundsatz
„Der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt, aber beschränkbar“.
Zur Beschränkung der Haftung existieren materielle Haftungsbeschränkungsregeln wie z. B. die Nachlassverwaltung und das Nachlassinsolvenzverfahren. Gegebenenfalls gilt es Fristen zu beachten.
Übertragungsvertrag
Hiernach dozierte Prof. Dr. Eickelberg von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin zum Thema Übertragungsvertrag. Schwerpunkt des Vortrags war die Übertragung von Vermögensgegenständen zu Lebzeiten statt einer testamentarischen Verfügung. Neben einigen Nachteilen bietet diese Konstellation auch starke Vorteile für die Schenkungsparteien. Genannt wurden beispielsweise die mehrfache Ausnutzung des Freibetrages durch frühzeitige Schenkung (10 Jahres-Frist), die Abschmelzungsregelung beim Pflichtteilsergänzungsanspruch, u. s. w..
Posthume Geschäfts- und Testierfähigkeit
Einen interessanten Beitrag lieferte Dr. med. Detlev Blocher. Hierbei ging es um die posthume (also nach dem Tod durchgeführte) Prüfung der Geschäfts- und Testierfähigkeit vor allen Dingen im Falle einer Demenz. Dieses im Rahmen der demografischen Entwicklung immer häufiger auftretende Problem habe ich in meinem Artikel zur Testierfähigkeit bereits beschrieben. Dr. med. Blocher erläuterte zunächst aus medizinischer Sicht die Kriterien zur Ermittlung der Testierfähigkeit des Erblassers, wenn dieser bereits verstorben ist, anhand der methodischen Grundregeln der forensischen Psychiatrie. Als Erkenntnisquellen nannte er sowohl möglicherweise existente Betreuungsakten, Aufzeichnungen der behandelnden Ärzte, Zeugen aus dem Lebensumfeld, etc. Wie in meinem Artikel zur Testierfähigkeit beschrieben, obliegt es anhand dieser Quellen demjenigen, der sich auf die Testierunfähigkeit beruft, diese zu beweisen.
Behindertentestamente
Der Kollege Hamann sprach über sogenannte Behindertentestamente. Dies unter ausdrücklicher Betonung des nach seiner Auffassung Hauptzwecks dieser Testamentsform, nämlich dem Schutz der behinderten Erben. Wird das Testament vordergründig vor allem als Instrument diskutiert, das Familienvermögen vor dem Zugriff des Staates zu schützen, erinnerte der Kollege Hamann nachdrücklich daran, dass dieses Erbe nach Wortlaut des Testaments bis zum Versterben des behinderten Kindes einer Verbesserung der Lebensqualität des Behinderten dienen solle, dass also bei der Formulierung des Testaments darauf geachtet werden müsse, dass die Substanz und die Früchte des Vermögens sozialleistungsunschädlich in individualisierter Weise den Bedürfnissen des behinderten Erben zugesprochen werden sollten.
Hintergrundinformationen zu neuen Urteilen
Einen wichtigen Beitrag lieferte Herr Dr. Christoph Karczewski, Richter am BGH, zur aktuellen Rechtsprechung des BGH und der Oberlandesgerichte zum Erbrecht. Hierbei wurden neue Urteile zum Pflichtteilsrecht, dem Testament, der Erbengemeinschaft und zur Testamentsvollstreckung vorgestellt.
Die teilweise bereits der Fachliteratur zu entnehmenden Urteile wurden dem Publikum durch den Richter am BGH Karczewski anhand von Hintergrundinformationen plastisch und sehr interessant näher gebracht. Von besonderem Interesse für unsere Kanzlei waren die Ausführungen zum internationalen Privatrecht und hier insbesondere zur Erbquote bei gemischt internationalen Ehen, wozu im letzten Jahr mehrere obergerichtliche Entscheidungen ergangen sind.
Die dargestellten Risikovermeidungsinstrumente waren u.a. die Testamentsvollstreckung, die Vor- und Nacherbschaft und auch der Einsatz von Vermögensverwaltungsgesellschaften. Vor- und Nachteile wurden anhand von Beispielen praxisnah dargestellt.
Vermögenserhalt in der Familie
Abschließend sprach der Notar Dr. Ansgar Beckervordersandfort aus Münster zu Gestaltungsmöglichkeiten zum Vermögenserhalt in der Familie.